Einbindung von Elektronik in lebende Systeme
Das moderne Leben ist voll von elektronischen Geräten, die unseren Alltag bequemer und vernetzter machen sollen. Von Smartphones bis hin zu intelligenten Häusern haben sich digitale Geräte tief in die Art und Weise eingegraben, wie wir arbeiten, spielen und mit der Welt interagieren. Den meisten elektronischen Geräten fehlt jedoch eine wichtige Eigenschaft - die Fähigkeit, sich nahtlos mit den lebenden, atmenden Oberflächen unseres Körpers und unserer Umgebung zu verbinden. Was wäre, wenn unsere Elektronik unmerkliche Verbindungen mit Haut, Pflanzen und anderen biologischen Materialien eingehen könnte? Ein Forscherteam der Universität Cambridge hat möglicherweise einen innovativen Weg gefunden, um genau das durch die Herstellung von organischen "bioelektronischen Fasern" zu erreichen.
Herkömmliche Elektronik hat Schwierigkeiten, sich in die unregelmäßigen, sich ständig verändernden Formen von Lebewesen zu integrieren. Dünne, starre elektronische Komponenten passen sich den Falten, Ausdehnungen und Stauchungen unter der Haut oder über Pflanzenblättern nicht an. Außerdem besteht die Gefahr, dass sie durch ihre Sperrigkeit, Steifheit und begrenzte Atmungsaktivität die natürlichen Empfindungen, Funktionen und Veränderungen beeinträchtigen. Laut dem Leiter der Studie, Dr. Yan Yan Shery Huang vom Cambridge Department of Engineering, "sollten bioelektronische Schnittstellen idealerweise die inhärenten Empfindungen und physiologischen Veränderungen ihrer Wirte nicht behindern".
Um diese Probleme zu lösen, wählten Dr. Huang und ihre Mitarbeiter einen faserigen Ansatz, der von Spinnennetzen inspiriert ist. Spinnen sind Meister in der Herstellung kompliziert gemusterter und dennoch leichter Netze, die perfekt an die jeweilige Umgebung angepasst sind. Die Forscher fragten sich, ob mikroskalige elektronische Fasern ähnliche Leistungen der anpassbaren, minimal störenden Vergrößerung vollbringen könnten, wenn sie direkt auf lebenden Substraten eingesetzt würden.
Der Schlüssel dazu war die Entwicklung spezieller "bioelektronischer Fasern", die aus biokompatiblen Verbindungen wie Poly( 3, 4-Ethylendioxythiophen) :Polystyrol Sulfonat (PEDOT:PSS), einem elektrisch leitfähigen Polymer. Durch Mischen von PEDOT:PSS-Lösungen mit Substanzen wie Hyaluronsäure und Polyethylenoxid erhielt das Team eine "viskoelastische Lösung", die durch ein ausgeklügeltes "Orbitalspinnverfahren" dünne, haltbare Fasern bilden kann.
Beim Orbitalspinnen verankern die Forscher einen Spinnarm über einer Zieloberfläche - sei es eine Fingerspitze, ein Pflanzenblatt oder ein Hühnerembryo. Während sich der Arm dreht, peitschen seine Kanten Lösungsfäden direkt aus einer Spritzendüse auf das darunter liegende Ziel. Die Kapillar- und Viskositätskräfte sowie die Rotation formen das Material zu Strängen, die sich genau dort anlagern, wo sie benötigt werden. Durch die Einstellung von Variablen wie der Spinngeschwindigkeit kann eine einzige Düse komplexe Fasermuster fast so schnell herstellen wie Spinnen ihre Netze weben.
Mit diesem Ansatz gelang es den Forschern, bioelektronische Fasern mit einer Dicke von 1-5 Mikrometern an eine Reihe von Lebewesen zu "binden". Die Elektronenmikroskopie zeigte, dass sich die Fasern eng mit mikroskopisch kleinen Spalten und Konturen von Pflanzentrichomen und Haarfollikeln bis hin zu Fingerabdrücken verbinden. Ein solcher Kontakt im Nanobereich ist von entscheidender Bedeutung, da er die Übertragung subtiler elektrischer, thermischer und feuchtigkeitsbezogener Signale von darunter liegenden Oberflächen ermöglicht.
Bezeichnenderweise ergaben die Tests, dass biologische Proben wie Hühnerembryonen und empfindliche Blätter der Mimosa pudica durch die Lichtspinnberührung nicht verändert wurden. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass Hühnerembryonen vom zweiten Lebenstag mit Fasernetzwerken auf dem sich entwickelnden Gewebe normale Wachstumsraten aufweisen", so Dr. Huang. Die Ablagerung von Fasern wirkt sich also auf lebende Substrate kaum mehr aus als der Kontakt der Spinnenfüße mit Blättern und Wänden.
Mit ihren minimal gestörten Fasernetzen bauten die Forscher verschiedene unmerkliche Sensoren. Auf der menschlichen Haut konstruierten sie behelfsmäßige Elektrokardiogramm- und Elektromyogrammelektroden, die Herzschläge und Muskelbewegungen aufzeichneten. Die Fasern konnten auch Fingerspitzen in lebende Schaltkreise verwandeln, indem sie mit berührungsempfindlichen Pflanzenblättern gekoppelt wurden, was eine doppelte Aufzeichnung des Elektrokardiogramms von zwei Personen in Körperkontakt ermöglichte.
In Pflanzen erkannten verteilte Fasernetze die Ammoniakbelastung durch Veränderungen in der Helligkeit einer LED, wenn diese durch das Netz gespeist wurde. Und bei Blättern "schrieben" die Forscher sogar Faserschaltkreise an Ort und Stelle um, indem sie unerwünschte Spuren löschten und neue Verbindungen hinzufügten - was zeigt, wie Fasernetze die adaptive, rekonfigurierbare Wahrnehmung von Entwicklungsveränderungen fördern.
Am bemerkenswertesten ist vielleicht, dass die bioelektronischen Fasern Substrate von Mikrometern bis zu Zentimetern Größe verbinden. Das Team koppelte Faserarrays direkt an vorgefertigte elektronische Komponenten wie Mikro-LEDs, ohne dass Klebstoffe oder Ersatzstoffe für fehlende Materialeigenschaften wie Dehnbarkeit benötigt wurden. In Zukunft könnte eine ähnliche trockene Grenzflächenverklebung Fasern mit elektronischen Textilien verbinden und so wirklich weiche Maschinen in robustes pflanzliches und menschliches Gewebe einweben.
Im Vergleich zu anderen Augmentationsmethoden erweist sich die Fasertechnik als besonders nachhaltig. Bei den Rohstoffen handelt es sich um in der Erde vorkommende Verbindungen, und die Prozesse verbrauchen nur wenig Energie und Lösungsvolumen und erzeugen nur wenig Abfall. Die hergestellten Netze erwiesen sich auch als reparabel und recycelbar - die gesammelten Fasern lassen sich in Tinten für den 3D-Druck späterer Geräte wieder auflösen. Laut Iek Man Lei, Mitautor der Studie und Professor an der Universität Macau, könnten solche geschlossenen Lebenszyklen dazu beitragen, die Umweltauswirkungen der Elektronik zu verringern.
Durch das Zusammenspinnen von Biologie und Technologie an den Enden der Fäden bahnt dieses Werk einen Weg zu einer natürlicheren, nicht wahrnehmbaren Verbindung zwischen lebenden Formen und der digitalen Welt. Indem sie Elektronik in engen Kontakt mit vielfältigen Oberflächen auf verschiedenen Ebenen bringen, könnten bioelektronische Fasern uns, Pflanzen und andere Lebewesen eines Tages in vielseitige sensorische Häute hüllen. Bei sorgfältiger Skalierung und Integration könnten solche Erweiterungen Vorteile für die Gesundheit, die Umwelt und die Landwirtschaft mit sich bringen und dabei die dem Leben innewohnenden Eigenschaften ergänzen - nicht kopieren. Letztendlich könnte die Herstellung von Elektronik aus Faserfäden dazu führen, dass sich Maschinen möglichst nahtlos in den Wandteppich der Natur einweben. Obwohl sich diese Forschung noch in einem frühen Stadium befindet, eröffnet sie Möglichkeiten, die Technologie immer unmerklicher zu einem Teil unserer Welt zu machen.
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DIAGNOSTIK | MEDIZIN
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