Messung der Dicke der luftigen Grenzfläche von Wasser
Die Luft-Wasser-Grenzfläche ist eine der häufigsten Grenzflächen in der Natur und spielt eine Schlüsselrolle bei vielen natürlichen und industriellen Prozessen. Doch trotz jahrzehntelanger Forschung haben Wissenschaftler eine der grundlegendsten Eigenschaften der Grenzfläche nie direkt gemessen - nämlich wie dick die Schicht aus anisotropen Wassermolekülen an der Grenze zwischen Luft und Wasser ist. Eine neue Studie, die einen innovativen Ansatz verwendet, zeigt nun, dass diese Dicke überraschend gering ist, was Auswirkungen auf unser Verständnis der Grenzflächenwasserstruktur und die Interpretation nichtlinearer optischer Experimente zur Untersuchung von Grenzflächen hat.
Wassermoleküle verhalten sich an Grenzflächen anders als in der Flüssigkeitsmasse. An der Luft-Wasser-Grenze weisen sie bevorzugte Ausrichtungen, schwächere Wasserstoffbrückenbindungen und eine langsamere Dynamik auf. Diese ausgeprägte Grenzflächenstruktur ist auf die asymmetrischen Wasserstoffbrückenbindungen zurückzuführen, denen die Wassermoleküle an der Phasengrenze zur Luft ausgesetzt sind. Trotz umfangreicher experimenteller und rechnerischer Untersuchungen wurde die Längenskala, über die die Ausrichtung der Wassermoleküle anisotrop bleibt, wenn sie sich von der Grenzfläche entfernen - bekannt als die Dicke der strukturellen Anisotropie -, jedoch nie direkt gemessen.
In früheren Arbeiten wurden verwandte Eigenschaften wie die Dicke der Anisotropie in der Dichte und die Dielektrizitätskonstante mit etwa 3-5 Angström (Å) bestimmt. Molekulare Orientierungen und Wasserstoffbrückenbindungen zerfallen jedoch über eine Längenskala, die von den Orientierungskorrelationen über einzelne Molekülschichten hinaus abhängt. Molekulardynamiksimulationen sagen voraus, dass diese strukturelle Anisotropiedicke mit nur etwa 6 Å überraschend kurz ist, was darauf hindeutet, dass sich die Orientierungskorrelationen nur über 1-2 Molekülschichten unterhalb der Grenzfläche erstrecken. Da Simulationen jedoch empfindlich auf Kraftfelddetails reagieren können, war eine unabhängige experimentelle Validierung von entscheidender Bedeutung.
Die Forschungsgruppe von Dr. Martin Thämer am Fritz-Haber-Institut in Deutschland hat diesen wichtigen Strukturparameter nun direkt gemessen, indem sie die phasenaufgelöste Schwingungssummen- und -differenzfrequenzspektroskopie (SFG/DFG) mit Isotopenverdünnung kombiniert hat. Die SFG/DFG-Spektroskopie ist sehr empfindlich gegenüber molekularen Orientierungen und Wasserstoffbrückenbindungen und eignet sich daher gut für die Untersuchung von Grenzflächenstrukturen. Die Technik der Forscher ermöglicht eine Tiefenprofilierung von Grenzflächensignalen im Subnanometerbereich.
In ihren Experimenten maß das Team selektiv die charakteristischen OD-Strecken von deuterierten Wassermolekülen (D2O) an der Luft-Wasser-Grenze. Durch die gleichzeitige Erfassung von phasenaufgelösten SFG- und DFG-Antwortspektren über das OD-Schwingungsband konnten sie Signale aus verschiedenen Tiefen innerhalb der Grenzfläche trennen. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass dipolare Antworten, die aus zunehmender Tiefe stammen, aufgrund ihrer unterschiedlichen Kohärenz-Eigenschaften entgegengesetzte Phasenverschiebungen für SFG und DFG erfahren.
Durch die Betrachtung der Hälfte jeder phasenaufgelösten Antwort, die dieselbe resonante Phase enthält, isolierten die Forscher den Beitrag der resonanten Phase von jeder tiefeninduzierten Ausbreitungsphase. Durch die Messung der beiden Isotopologe H2O und D2O konnten sie dann die Gesamtantwort weiter in rein resonante und nicht-resonante Komponenten mit unterschiedlichen räumlichen Ursprüngen zerlegen. Aus den Phasen- und Amplitudendifferenzen zwischen SFG und DFG konnten sie schließlich die anisotrope Abklinglänge extrahieren.
Die Phasendifferenz zwischen SFG- und DFG-Signalen aus der Schwingungsresonanz ergab eine Abklinglänge von 7,7 ± 1,0 Å. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die aus ab initio-Molekulardynamiksimulationen der Luft-Wasser-Grenzfläche berechneten tiefenabhängigen Spektren zweiter Ordnung hervorragend übereinstimmen und eine strukturelle Anisotropie von über 6 Å vorhersagen. Damit liegen die experimentelle Messung und die Simulationen innerhalb einer einzigen Molekülschicht voneinander entfernt.
Auffallend ist, dass die Forscher bei der nicht-resonanten Antwort eine kürzere Abklinglänge von 3,1 ± 0,9 Å ermittelten. Sie führten dies darauf zurück, dass die nicht-resonanten Signale einen großen Beitrag aus dem isotropen Volumen enthalten, was auf die Empfindlichkeit gegenüber elektrischen quadrupolaren Quellen und nicht nur auf Grenzflächendipole zurückzuführen ist. Dies deutet darauf hin, dass die nicht-resonante Antwort eine flachere strukturelle Anisotropie abtastet als der resonante Beitrag.
Die Übereinstimmung von Experiment und Simulation einer bemerkenswert kurzen anisotropen Schicht von nur 6-8Å war unerwartet. Sie deutet darauf hin, dass die Orientierungskorrelationen der Wassermoleküle sich höchstens über die ersten drei Molekülschichten unterhalb der Grenzfläche erstrecken - und damit noch kürzer sind als in der isotropen Wassermasse, wo die Korrelationen mehrere Koordinationsschalen umfassen. Diese ultradünne anisotrope Zone unterstreicht die wichtige Rolle der reduzierten Wasserstoffbrückenbindungs-Konnektivität und der entropischen Gewinne bei der Festlegung der Grenzflächenstruktur.
Die Ergebnisse der Forscher schränken die Interpretation optischer Techniken zur Untersuchung wässriger Grenzflächen grundlegend ein. Insbesondere wurde gezeigt, dass die nicht-resonante Reaktion keine selektive Sonde für anisotrope Umgebungen ist und große isotrope Massensignale enthält. Dies stellt die Analyse von nichtlinearen Experimenten in Frage, die ausschließlich auf nicht-resonanten oder intensitätsbasierten Messungen beruhen. In der Zwischenzeit bot die schwingende Resonanz einen direkten Zugang zur strukturellen Anisotropie mit quantitativer Übereinstimmung zwischen Experiment und Simulation.
Die Arbeit zeigt deutlich die Leistungsfähigkeit des tiefenaufgelösten Ansatzes der Forscher zur Charakterisierung der Grenzflächenstruktur im Nanobereich. Durch die Untersuchung mehrerer Pfade konnten sie resonante von nicht-resonanten Beiträgen trennen und präzise strukturelle Informationen gewinnen, die zuvor nicht zugänglich waren. Die Technik ist vielversprechend für die Untersuchung einer Vielzahl von ökologisch, biologisch und technologisch wichtigen wässrigen Grenzflächen, bei denen sich die molekularen Orientierungen und Wasserstoffbrückenbindungsmuster von denen der Masse unterscheiden. Sie unterstreicht auch die Notwendigkeit einer sorgfältigen Interpretation von nicht-resonanten nichtlinearen optischen Daten von solchen Grenzflächen.
Insgesamt stellt die Studie einen Meilenstein bei der direkten Messung einer der grundlegendsten Grenzflächeneigenschaften von Wasser dar, die zuvor nur durch Simulationen vorhergesagt werden konnte. Indem sie die Ansicht der Simulationen über die auffallend dünne anisotrope Schicht der Grenzfläche bestätigt, liefert sie eine aussagekräftige Bestätigung unseres Verständnisses auf molekularer Ebene. Der Ansatz setzt auch einen neuen Standard für die Verknüpfung von nichtlinearer Schwingungsspektroskopie und atomistischer Modellierung, um deren kombinierte Erkenntnisse über weiche Materie und biologische Grenzflächen im Nanomaßstab voll auszuschöpfen.
Hinweis(e)
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